Der Dokumentarfilmer, Oskar-Gewinner und Buchautor Michael Moore ist mit seinem Bestseller "Stupid White Men" und den darin enthaltenen starken Sprüchen über George W. Bush zu einem Stichwortgeber für kritische Kreise in den USA und Europa geworden. Was er sagt oder schreibt, findet großes Medienecho. Kürzlich löste seine öffentliche Fürsprache für General Wesley Clark als US-Präsidentschaftskandidat Erstaunen aus.
Er erklärte den Oberbefehlshaber des völkerrechtswidrigen Krieges gegen Jugoslawien zum "Friedenskandidaten". Moore mußte sich nachsagen lassen, daß ihm jedes Mittel und jeder Gegenkandidat recht sei, wenn damit nur Bushs Thron angesägt werde.
Nun hat Moore wieder zugeschlagen. Aktivisten, die sich für den seit 1982 in der Todeszelle sitzenden Journalisten und Bürgerrechtler Mumia Abu-Jamal engagieren, kritisieren Moore heftig wegen seiner Behauptung, Abu-Jamal habe den Polizisten Daniel Faulkner 1981 "wahrscheinlich umgelegt". Dieses Urteil verbreitet Moore nämlich in seinem neuesten Buch "Dude, Where's My Country?", in dem es auf Seite 189 heißt: "Mumia hat den Typen wahrscheinlich umgelegt.
Okay, jetzt habe ich's gesagt. Das heißt ja nicht, daß man ihm einen fairen Prozeß verweigern oder ihn hinrichten sollte. Aber weil wir nicht wollen, daß er oder sonst jemand hingerichtet wird, könnte ja bei dem Bemühen, ihn zu verteidigen, die Tatsache übersehen worden sein, daß er den Bullen umgelegt hat. Das schmälert ja nicht die Sprachgewandtheit seiner Bücher und Kolumnen oder die wichtige Stellung, die er jetzt auf der internationalen politischen Bühne eingenommen hat. Aber er hat den Typen wahrscheinlich umgelegt."
David Lindorff warf nun in dem US-Magazin Counterpunch die Frage auf, wieso Moore zu diesem Schluß komme. Moore hatte 1997 noch geschrieben: "Ich will, daß Mumia lebt, ich habe deshalb die Petitionen unterzeichnet und Geld für die Zeitungsanzeigen bezahlt - verdammt, ich werde noch persönlich hingehen und dem Gouverneur von Pennsylvania in den Hintern treten!"
Lindorff, Autor des Buches "Killing Time", einer akribischen Analyse des Falles von Abu-Jamal, entwickelt in Counterpunch faktenreich die Argumentation, wieso der Prozeß gegen Abu-Jamal nicht einen einzigen haltbaren Schuldnachweis erbracht habe, und daß erst recht alle Untersuchungen seitens der Verteidigung ausschließlich nur Beweise für die Uschuld des Todeskandidaten zutage gefördert hätten. Lindorff wirft Moore vor, wie schon andere Intellektuelle vor ihm rechne er nun mit der Linken ab, weil sie den "Kontakt zum Mainstream-Amerika verloren" habe.
Wenn Moore aber indirekt einräume, Abu-Jamal habe keinen fairen Prozeß gehabt, dann, so Lindorff, werfe das doch die Frage auf, mit welchen Informationen und Beweisen er sein Urteil fälle. Lindorff schließt seine scharfe Verurteilung des "unentschuldbaren" Verhaltens: "Leute wie Michael Moore schulden ihren Lesern mehr, als dieses schlecht informierte und ignorante Gesabber abzusondern und sich als Journalisten aufzuspielen. Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung, aber wenn jemand seine Stammtischparolen schon an die Öffentlichkeit bringt, muß seine Meinung auf Fakten basieren."
In Philadelphia hat das Internationale Komitee der Angehörigen und Freunde Abu-Jamals Moore ultimativ dazu aufgefordert, sich den Vorwürfen öffentlich zu stellen. Man erwarte das von ihm gerade jetzt, da der Kampf um das Leben Abu-Jamals in die entscheidene letzte Phase trete und es darum ginge, die Justiz zu zwingen, nach 20 Jahren endlich die vielfältigen Unschuldsbeweise gerichtlich zu würdigen.