amnesty international fordert neuen Prozess für Mumia Abu-Jamal
Journalist 1982 in unfairem Verfahren zum Tode verurteilt / Angebliches Geständnis nachträglich aufgetaucht / Neue
Todesstrafendebatte in den USA / Hinrichtungsmoratorium in Illinois
Bonn, 17. Februar 2000
Die Menschenrechtsorganisation amnesty international (ai) fordert einen neuen Prozess für den zum Tode verurteilten
US-Amerikaner Mumia Abu-Jamal. Das gegen ihn geführte Verfahren sei fehlerhaft gewesen und habe nicht den
internationalen Ansprüchen an einen fairen Prozess entsprochen, heißt es in einem heute in New York veröffentlichten
ai-Bericht. Mumia Abu-Jamal war im Juli 1982 im Bundesstaat Philadelphia des Mordes an einem Polizisten für schuldig
befunden und zum Tode verurteilt worden.
Der Generalsekretär von amnesty international, Pierre Sané, sagte bei der Vorstellung des Berichts "Ein Leben in der Schwebe, der Fall Mumia Abu-Jamal" in New York: "Es geht nicht nur um das Leben eines Mannes. Es geht um Gerechtigkeit, und die betrifft uns alle." Für die Gerechtigkeit sei ein neuer Prozess notwendig.
Nach intensivem Studium der Prozessunterlagen kritisiert die Menschenrechts-organisation den unzureichenden Rechtsbeistand Abu-Jamals, die Politisierung des Gerichtsprozesses vor dem Hintergrund von Spannungen zwischen Weißen und Schwarzen in Philadelphia und die mögliche Voreingenommenheit der Berufungsgerichte. "Danach war für uns klar, dass nur ein neuer und fairer Prozess die Hinrichtung eines Mannes verhindern könne, dessen Schuld bisher nicht erwiesen worden ist", sagt Karen Bagge, USA-Expertin der deutschen Sektion von amnesty international.
Der schwarze Journalist Mumia Abu-Jamal soll am 9. Dezember 1981 den weißen Polizisten Daniel Faulkner ermordet haben. Seine Verurteilung stützte sich im Wesentlichen auf die Angaben von drei Augenzeugen, deren Aussagen vor Gericht stark von dem abwichen, was sie gegenüber der Polizei zu Protokoll gegeben hatten. Ein angebliches Geständnis des Angeklagten, das erstmals zwei Monate nach dem Mord erwähnt wurde, war für die Richter offenbar ausschlaggebend für das Todesurteil. Mumia Abu-Jamal hat aber stets seine Unschuld beteuert.
Gegenwärtig ist der Fall Abu-Jamals vor einem Berufungsgericht auf Bundesebene anhängig. Die Verschärfung der Gesetzgebung in den USA hat 1996 die Möglichkeiten von Berufungsverfahren bei solchen Prozessen jedoch massiv eingeschränkt. Die Zahl der Hinrichtungen ist in den USA in den vergangenen Jahren angestiegen. 1999 wurden 98 Menschen im staatlichen Auftrag getötet.
Die gefährliche Entwicklung im US-Rechtssystem wird durch den Bericht über den konkreten Fall Abu-Jamals hinaus deutlich. Aus diesem Grund setzt sich amnesty international erstmals für die Neuverhandlung eines Todesstrafen-Falls in den USA ein: "Nicht nur Mumia Abu-Jamals Leben, sondern die Fairness des Rechtssystems sind heute mehr als je zuvor in der Schwebe", sagt Karen Bagge.
Die Todesstrafe wird gerade in jüngster Zeit in den USA kontrovers diskutiert. Nach zahlreichen Fehlurteilen hat der
Gouverneur von Illinois im Januar alle Hinrichtungen ausgesetzt. "Allein in Illinois sind bereits 13 Menschen aus dem
Todestrakt in die Freiheit entlassen worden, weil sich nachträglich ihre Unschuld herausgestellt hatte. Bundesweit sind
es über 80 Menschen. Wie viele Unschuldige darüber hinaus seit der Wiederzulassung der Todesstrafe 1976
hingerichtet worden sind, lässt sich nicht ermitteln", sagt Karen Bagge.
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amnesty international
ai-JOURNAL März 2000
USA
Für den als Mörder zum Tode verurteilten Mumia Abu-Jamal fordert amnesty international ein Wiederaufnahmeverfahren.
Grundlage dafür ist das äußerst fehlerhafte ursprüngliche Verfahren. Mumia Abu-Jamal war 1982 wegen Mordes an dem
weißen Polizisten Daniel Faulkner verurteilt worden, hat aber stets auf seiner Unschuld beharrt. Nach Meinung von
amnesty international steht die Anklage Abu-Jamals, die vor allem auf Augenzeugenbericht und einem angeblichen
Geständnis beruht, auf so unsicherem Boden, dass ein Wiederaufnahmeverfahren erforderlich ist.
Bezüglich des angeblichen Geständnisses fällt vor allem auf, dass es im direkten Widerspruch zur Bemerkung eines der Zeugen steht. Dieser nämlich hat zu einem Polizisten gesagt, dass "der Schwarze keine Angaben" gemacht habe, was vor Gericht nicht vorgebracht wurde. Im Februar hat amnesty international eine ausführliche Dokumentation zum Fall Mumia Abu Jamals vorgelegt.