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Zwei Arten der Besatzung
Irak, Israel und die Interessen Washingtons


Ein Präsident befiehlt seinen Streitkräften, die Grenze zu einem Nachbarland zu überschreiten und das Land eines anderen Volkes zu besetzen. Auf den ersten Blick ist das zweifelsohne eine klare Verletzung internationalen Rechts, oder? Die Antwort auf diese Frage ist: Es kommt darauf an.

Als der irakische Präsident seine Truppen in das Nachlarland Kuwait schickte, ging ein Aufschrei der Konzernpresse um die Welt, daß dies ein Akt klarer Verletzung internationalen Rechts ist, und der irakische Regierungschef wurde mit "Hitler" und "Mussolini" oder noch Schlimmerem verglichen. Als Israels Präsident Ariel Scharon seine Truppen in das Nachbarland Palästina schickte, schwieg dieselbe Konzernpresse zur Frage, ob dieser Einmarsch eine Verletzung internationalen Rechts darstellt, und der US-Präsident lobte den israelischen Regierungschef als einen "Mann des Friedens".

Irak ist erst nach Kuwait einmarschiert, nachdem es ein stillschweigendes Okay aus den USA gab. Der Grund für die Invasion war der Ärger über die Praxis Kuwaits, mit "schräglaufenden Bohrungen" die Ölreserven Iraks anzuzapfen. Als Israel in das Land seiner palästinensischen Nachbarn einmarschierte, geschah das auch, nachdem es ein stillschweigendes Okay von der Bush-Administration erhalten hatte. Angeblich ist die militärische Präsenz auf den palästinensischen Territorien ein Versuch, den "Terrorismus zu stoppen".

Als der irakische Präsident sich damals weigerte, sich den deutlichen FORDERUNGEN aus den USA zu beugen und seine Streikräfte zurückzuziehen, begannen die USA zur Strafe eine Bombenkampagne, die bis heute anhält. Als der israelische Präsident sich weigerte, den BITTEN um Rückzug seiner Truppen nachzukommen, begannen die USA mit einer freundlichen Reisediplomatie hochrangiger Regierungsmitglieder, die sich vor den Kameras händeschüttelnd, lächelnd und schulterklopfend in Pose stellten.

Wenn man sich diese starke Dichotomie der Reaktionen anschaut, taucht unweigerlich die Frage auf: "Was ist denn hier los?" Warum reagieren die USA in vergleichbaren Situationen so völlig unterschiedlich? Naive Stimmen mögen antworten: "Nun, die einen sind unsere Freunde und die anderen sind unsere Feinde. Ist doch eine klare Sache, oder?"

Nein, ist es nicht. Zum Zeitpunkt der Kuwait-Invasion waren die USA und der Irak keine Feinde. Der Irak war im Sinne des Wortes ein Klientenstaat, kaufte Unmengen amerikanischer Waffen, vor allem um den brutalen Krieg gegen seinen schiitischen Nachbarn Iran führen zu können (ganz zu schweigen von dem brutalen Krieg gegen ethnische Minderheiten wie die Kurden).

Die schizophrene Antwort hat nichts damit zu tun, daß die Amerikaner freundschaftliche Gefühle für die Kuwaitis hegen oder den Palästinensern kühl begegnen. Diese gespaltene Reaktion kann man weder in Metern noch in Kilometern messen, sondern nur in Tonnage - in Öl.

Wenn Irak in der Lage gewesen wäre, erfolgreich die Kontrolle über die reichen kuwaitischen Ölfelder zu erlangen, dann wäre es zu einem ernsthaften Rivalen Saudi-Arabiens als führender Ölexporteur aufgestiegen und zu einer Nation, die dem größten Ölverbraucher der Welt - den Vereinigten Staaten - ihre eigene Melodie hätte aufspielen können.

Die Palästinenser sind ein schönes, tapferes, angriffslustiges und zugleich umzingeltes Volk. Sie haben nur ein Problem: sie haben kein Öl. Das ist der wahre Grund, warum die gutbezahlten Hofschranzen der weltweiten Mediennetzwerke, ihre Herren auf dem Capitol Hill und die monetären Interessen, von denen sie alle geleitet werden, verhindern, daß auch nur ein Finger gekrümmt wird, um einem Volk zu helfen, das in die sandige Erde seiner palästinensischen Heimat gestampft wird. Die Palästinenser sind es nicht wert. Da läßt sich kein Kapital draus schlagen.

(Übersetzung: Jürgen Heiser)