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Kolumne von Mumia Abu-Jamal

Entgegengesetzte Positionen
Gewichtige Stimme gegen den Irak-Krieg


In diesen Zeiten, in denen die US-Medien sich gebetsmühlenartig darin wiederholen, die Amerikaner (erneut) in einen Krieg zu treiben, ist es schwierig, jemanden zu finden, der gegenüber dem drohenden Krieg eine entgegengesetzte aber fundierte Position vertritt. Der frühere UN-Waffeninspekteur Scott Ritter ist so jemand. Der New Yorker Verlag Context Books bringt zum richtigen Zeitpunkt ein Buch heraus, in dem ein Interview mit dem konservativen Ex-Marine veröffentlicht wird, das mit einigen populären und in die Irre führenden Mythen aufräumt, die den Krieg gegen den Irak begründen sollen. Das Buch trägt den Titel »War on Iraq. What Team Bush doesn’t Want You to know« und stammt vom Autor William Rivers Pitt in Zusammenarbeit mit Scott Ritter.

Das Buch enthält eine kurze, aber informative Abhandlung über die Geschichte des heutigen Irak. Die amerikanischen Leserinnen und Leser müssen sich fragen: Wollen die USA wirklich »Demokratie« im Irak? Die Mehrheit wird antworten: Ja, sicher. Aber wissen sie wirklich, daß die große Mehrheit der Iraker, nämlich über 60 Prozent, der im Iran vorherrschenden Glaubensrichtung Shi’a Islami angehören? Und was hat es mit den chemischen, biologischen oder atomaren Massenvernichtungswaffen auf sich? Schauen wir uns an, was William Rivers dazu sagt: »Der Krieg gegen den Irak ist nicht begründet. Das ist eine Tatsache. Es ist absolut zweifelhaft, daß Saddam Hussein auch nur Teilbereiche des chemischen, atomaren und biologischen Waffenprogramms beibehalten konnte, das von den UN-Waffeninspektoren, die sieben Jahre lang ohne Unterlaß im Irak tätig waren, völlig aufgelöst worden ist. Auch das ist eine Tatsache. Die Vorstellung, daß Hussein Kontakte zu Terroristen des islamischen Fundamentalismus unterhält, ist lächerlich – er ist ein weltlicher Führer, der jahrelang daran gearbeitet hat, den islamischen Fundamentalismus im Irak zu zerschlagen, und wenn er Al Qaida mit Waffen ausstatten würde, dann wäre er der erste, gegen den sie diese Waffen richten würden.«

Daran sollte man das nächste Mal denken, wenn in den Medien wieder darüber berichtet wird, daß der Irak mit Al Qaida zusammenarbeitet. Diese Organisation weiß, daß die Wurzeln der herrschenden Clique im Irak in der sozialistischen Ba’ath Partei liegen, und sie hassen Hussein und seine Kumpane mindestens ebenso wie sie die Amerikaner hassen. In dem Maße, wie die US-Regierung sich unterstützt von einem eingeschüchterten Kongreß und den komplizenhaften Medien bemüht, ihr Irak-Abenteuer zu rechtfertigen, wird es zunehmend schwieriger werden, solche Stimmen wie Pitt/Ritter zu hören. Hoffen wir, daß nicht eintritt, was diese beiden in ihrem Buch voraussagen: »Ein Angriff auf den Irak könnte einen Weltkrieg größeren Ausmaßes nach sich ziehen, den Amerika sich nicht leisten kann und den die große Mehrheit der Amerikaner sich nicht wünscht.«

Mit seinen kaum 100 Seiten hat man »War on Iraq« schnell durchgelesen. Es ist zu hoffen, daß viele Menschen in den USA dieses Buch aufmerksam gelesen haben, bevor das – von Brent Scowcroft, dem Ex-General und ehemaligen Berater mehrerer US-Präsidenten, warnend prophezeite – Armageddon entfesselt wird.

(Übersetzung: Jürgen Heiser)