« zurück «

Mumia Abu-Jamals Beitrag für die Berliner Demonstration gegen den Staatsbesuch von US-Präsident George W. Bush

Diese Kriege werden nur aus einem Grund geführt:
für das Big Business und zur Sicherung des Reichtums!


Nichts regt die Phantasie einer Nation so sehr an wie Prunk und Pracht des Krieges.

Das trifft auf praktisch alle Länder zu, aber besonders auf jenes Volk, das sich gern selbst als »die Amerikaner« bezeichnet. Obwohl der Begriff auf alle anwendbar ist, die auf den unendlichen Weiten der beiden kontinentalen Regionen Nord- und Südamerikas zu Hause sind, scheint er doch wie festgenagelt an denen zu haften, die in den 50 Bundesstaaten der Vereinigten Staaten von Amerika leben, wodurch allein schon die Menschen im pazifischen Norden – die Kanadier– und die multikulturelle Bevölkerung des südlichen Zipfels von Nordamerika, die Mexikaner, ausgeschlossen werden.

Die meisten Amerikaner werden angesichts der Aussicht auf Krieg einfach von Begeisterung gepackt. Jedenfalls scheint es so.

Wann geschah es zuletzt, daß ein Politiker die Nation zu einer Mobilisierung des gemeinsamen Willens aufrief, ohne die Sprachregelung oder die Metapher des Krieges zu beschwören?

Als der verstorbene Lyndon B. Johnson den nationalen Willen darauf orientieren wollte, die schlechten Lebensbedingungen der Armen zu beseitigen, rief er zum »Krieg gegen die Armut« auf.

Als Richard M. Nixon seine rechtsgerichteten Wähler gegen Radikale, Kriegsgegner, Revolutionäre und die große Masse der Bewohner der amerikanischen Ghettos zusammenschweißen wollte, rief er zum »Krieg gegen das Verbrechen« auf.

Als Ronald W. Reagan an die tiefsitzenden puritanischen Instinkte der sogenannten »Mitte Amerikas« appellieren wollte, wählte er ein ähnliches Thema, indem er den »Krieg gegen die Drogen« ausrief.

Wenn uns diese alten »Kriege« heute auch eher töricht erscheinen, so sind die Energien, die nun zu Beginn des neuen Jahrhunderts von den Amerikanern – besonders jenen der Mittelschicht – freigesetzt werden, wirklich bemerkenswert; denn sie beeinflussen Leben, Glück und Schicksal von Millionen Menschen hier und auf der ganzen Welt. Millionen von Menschen leben im wachsenden Gefängnissystem der USA, jenen Inseln der Verzweiflung, oder ihr Leben wurde irreparabel durch den Kontakt mit diesem System zerstört. Diese quasi-Kriege haben Millionen Opfer gefordert. Aus dem gleichen Grunde haben demgegenüber Millionen von Menschen von diesen innergesellschaftlichen Kriegen profitiert, indem die Sicherheits-und Repressionsindustrie Hunderttausenden junger Männer – und im geringeren Maße auch Frauen – Jobs gegeben und so auch ihre Familien einbezogen hat.

Was für die inneren Kriege gilt, trifft auch auf die externen Kriege zu.
Wenn der frühere CIA-Abteilungsleiter John Stockwell recht hat, sind in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Afrika, Asien und Lateinamerika über sechs Millionen Männer, Frauen und Kinder den Aktionen und dem Vorgehen von USA(CIA unmittelbar zum Opfer gefallen. (Nachzulesen in seinem Buch The Praetorian Guard: The U.S. Role in the New World Order, Boston 1991).

Stockwell merkt an, daß diese Zahl sogar auf eher sieben Millionen anstiege, wenn man die Analyse des Aktivisten und Wissenschaftlers Noam Chomsky zugrunde legen würde.
Kriege wirken wunder für die Ökonomie, weil jede detonierende Bombe ersetzt werden muß. Aber in einem anderen, eher finsteren Sinne ist der Krieg nicht nur wegen des Nachschubs an Munition oder ihrer Herstellung das große Geschäft. Der Krieg ist vor aallem in dem Sinne ein großes Geschäft, daß einige wenige große Profite aus ihm schlagen.

Vor vielen Jahren hat ein Militär, der die US-Marines überall auf der Welt in Schlachten geführt hat, eine erstaunliche Erklärung über den Zweck seines militärischen Handelns abgegeben. Interessant daran ist das Fehlen der üblichen Rhetorik von der »Verteidigung unserer Demokratie« oder davon, »die Freiheit Amerikas zu bewahren«, oder ähnliches Geschwätz.

Major-General Smedley D. Butler schrieb 1935: »Ich habe die meiste Zeit meines Lebens damit verbracht, ein hochrangiger Muskelmann für das Big Business zu sein, für die Wall Street und für die Banken. Kurz gesagt, ich war ein Söldner, ein Gangster im Interesse des Kapitalismus. ... Ich habe dafür gesorgt, daß 1914 in Mexiko die amerikanischen Ölinteressen gesichert wurden. Ich habe dabei geholfen, Haiti und Kuba zu sicheren Orten für die Boys von der National City Bank zu machen, damit sie dort in Ruhe Geld scheffeln konnten. Ich habe dabei geholfen, ein halbes Dutzend zentralamerikanische Republiken im Profitinteresse der Wall Street mit Gewalt gefügig zu machen.«
(Zitiert in Dave Dellingers Vorwort zu Eugene V. Debs' Walls & Bars: Prisons and Prison Life in the 'Land of the Free', Chicago 2000)

Wenn man Mexiko 1914 durch Irak 2002 oder Kuwait 1991 ersetzt, dann würden die Absichten der gegenwärtigen Überseeeinsätze der USA deutlicher denn je. Kriege werden heute aus denselben Gründen geführt wie in der Vergangenheit: zum Schutz der reichen Eliten und um sie noch reicher zu machen.

Geht es um »Demokratie«? Keine Spur. Denn warum wird die Demokratie wohl immer eingeschränkt, wenn ein Krieg geführt wird? Geht es darum, »die Welt sicherer zu machen«? Mal ehrlich: Fühlt sich heute irgend jemand sicherer als vor dem 11. September 2001?

Der Krieg – dieser endlose Krieg – wird heute aus denselben Gründen geführt, aus denen sich Major-General Butler damals seinen 45er Army-Colt umgeschnallt hat: für das Big Business. Sagt nein! – Just Say No!
Stoppt den Krieg dort, wo er herkommt: in Washington, Berlin und London!


Stoppt den Krieg dort, wo er herkommt
An die Teilnehmer des Marsches auf Washington aufs Weiße Haus in Washington D.C. am 20. April 2002
im Rahmen des Internationalen Aktionstages gegen Krieg und Rassismus


Als US-Präsident George WW. Bush über den „unbegrenzten Krieg“ sprach, faßten einige das als bloßes politisches Gerede auf oder als pure Rhetorik, die dazu ersonnen wurde, Schlagzeilen in den Abendnachrichten zu machen. Ich war von Anfang an anderer Meinung. George W. ist ein Agent seiner Klasse, den reichen Ölbaronen des Landes, und seine Absicht ist, Druck für eine Ausweitung des Krieges in immer mehr Regionen der Erde zu machen, um die kapitalistische Ausbeutung und den ungezügelten Handel weltweit abzusichern. In diesen Krieg werden am Ende etliche Länder des Nahen Ostens hineingezogen, zugunsten der reichen und mächtigen herrschenden Eliten.

Laßt euch nichts vormachen, dieser Krieg hat nichts mit dem Kampf um Demokratie zu tun. Die USA dringen nicht bis an die Zähne bewaffnet in diese Region ein, um Demokratien, sondern um Theokratien zu verteidigen, Könige, Prinzen und Sultane. Vor allem aber, um den Zugang zu den ungeheuren Ölvorkommen der Region zu sichern. Und wie können die Vereinigten Staaten glaubhaft behaupten, einen „Krieg gegen den Terrorismus“ zu führen, wenn die School of the Americas (SOA) im Bundesstaat Georgia der Welt größte Trainingsakademie für Terroristen ist, in der einige der brutalsten Militärdiktatoren der Welt Lehrgänge besucht haben? Die USA haben diese Schule mittlerweile umbenannt, aber sie hat immer noch dieselbe wesentliche Aufgabe – ausländische Militärführer zu schulen, die Feinde von demokratischen und Volksbewegungen sind und sich ihren imperialistischen Herren in Washington verpflichtet fühlen. Die Absolventen der SOA haben sich als erbarmungslose Söldner erwiesen, sind Meister des finsteren Folterhandwerks, grausamer Verhörmethoden, sind Vergewaltiger und Massenmörder. Und gegen wen sonst als ihre eigenen Völker führen sie Krieg? Millionen Menschen in Lateinamerika nennen diese Schule „la escuela de golpes“ – die Schule der Putsche. Es gibt kaum ein Massaker, dessen Spuren nicht zu den Lehrgangsteilnehmern zurückverfolgt werden können: das Vraba-Massaker in Kolumbien, das El-Mozote-Massaker (die Vergewaltigung und Morde an vier Nonnen und einem Jesuitenpater) in El Salvador, das La-Cantuta-Massaker in Peru – und Hunderte mehr. Wenn die USA lauthals ihren „Krieg gegen den Terrorismus“ verkünden, gibt es Millionen im südlichen Amerika, die verächtlich schnauben, denn sie kennen ein anderes Amerika im Norden, das für den Staatsterrorismus verantwortlich ist.

Die Leute, die euch den 11. September 2001 beschert haben, wurden euch von der CIA geschickt, denn sie sind alle Absolventen der Terrorismus-Lehrgänge der CIA, die dazu ausersehen waren, den Soldaten der Sowjetunion die Hölle auf Erden zu bereiten. Sie waren Krieger des Dschihad, die von Pakistan, Saudi-Arabien und verschiedenen Geheimdiensten rekrutiert, bezahlt, indoktriert und mit Waffen ausgerüstet wurden, um einen heiligen Krieg gegen die frühere kommunistische Regierung von Afghanistan zu führen. Und wie die sprichwörtlichen Kriegsfurien haben sie sich schließlich gegen die gewendet, von denen sie großgezogen und trainiert wurden, und haben ihnen gezeigt, was sie damit entfesselt haben.

Und nun sind die Vereinigten Staaten wieder einmal in einen Krieg verwickelt, ohne sich viele Gedanken über die wahren Ursachen zu machen. Ein Krieg, der weder in Kabul noch in den tropischen Gefilden Asiens begonnen wurde. Die Anfänge dieses Krieges liegen in klimatisierten Bürogebäuden in Washington, in denen Männer mit Macht und Reichtum Pläne entwickelten, die Sowjetunion zu veranlassen, in ein benachbartes Land einzumarschieren, um sie so in das laufen zu lassen, was diese Männer die „Afghanistan-Falle“ nannten.

Und nun „ist die Gewalt wieder auf ihre Urheben zurückgefallen“, wie Malcolm X das einmal gesagt hat. Ihr wollt den Krieg beenden?
Dann stoppt ihn dort, wo er herkommt: In Washington.